Stand: 03. Januar 2009
nach dem ein Special-Interest-Magazin nun mit der Schlagzeile, die "Deutschlands erfolgreichster Tageszeitung" zur Ehre gereicht hätte:
"Ehrenrettung für den Alkohol"
titelt, nach dem einige Hefte vorher
"Alkohol als Täter"
zu lesen war,
einen Hinweis auf die Experimente von Daniel Jauslin, die im
schweizer AAA-Bulletin,
04/2004 erschienen sind. (unter dem weniger spektakulären Titel: "Vinyl und Alkohol – eine
Verträglichkeitsstudie"). Zitat:
" Problematischer wird es, wenn das PVC gewissen organischen Lösungsmitteln ausgesetzt wird, zum Beispiel Ketonen, Estern, Aromaten oder eben Alkoholen. Zum Waschen von Schallplatten ist Alkohol in vielerlei Hinsicht natürlich am geeignetsten. Es gibt drei Alkohole, die zum Waschen in Frage kommen können: Methanol (Methylalkohol), Ethanol (Ethylalkohol) und Isopropanol (Isopropylalkohol). Die höheren Alkohole, also ab Butanol (Ketten ab 4 C-Atomen) sind u.a. nur beschränkt wasserlöslich, und somit zum Plattenwaschen sowieso ungeeignet."
In verschiedenen Diskussionsforen(1) werden immer mal wieder "Verträglichkeitslisten" bemüht, um zu belegen, wie schädlich doch Alkohol für Schallplatten ist.
Meines Erachtens sind aber Verträglichkeitslisten, die nicht einmal zwischen PVC-weich und PVC-hart unterscheiden, nutzlos. (Weiterhin ist bei genauer Betrachtung die Verträglichkeit bei PVC-weich z.B. von Materialdehnung und Temperatur abhängig.[ *, Seite 43] )
"...
Heute wird unterschieden in PVC-weich und PVC-hart. Ein bekannter Vertreter
von PVC-weich ist das Kunstleder.
Bei PVC wird unterschieden zwischen den leicht flüchtigen Weichmachern und
den Flexibilisatoren. Letztere gehen mit PVC eine chemische Verbindung ein
und sind deshalb nicht in dem Sinne flüchtig wie die vorgenannten.
..."
(weitere Beispiele für PVC-weich sind m.e. auch PVC-Handschuhe und
-Schläuche...)
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/PVC
Man kann davon ausgehen, das es sich beim Material für Schallplatten nicht um Weichmacher, sondern um Flexibilisatoren handelt. (Das sollte klar sein, wenn man sich nur vage das Aufsetzen des Abtastdiamanten auf Kunstleder oder PVC-Handschuh vorstellt...)
Schallplatten bestehen aus einem PVC/PVA-CoPolymer (PVCA DIN 7728), also aus PolyVinylChlorid und PolyVinylAcetat. (85-95% Vinylchlorid und 5-15% Vinylacetat). Während das Pressvorgangs wandert das kurzkettigere PVA Richtung Oberfläche, so das an der Oberfläche vorwiegend PVA anthalten ist. Folglich steht die Frage: Verträglichkeit von PVA und Alkoholen?
http://www.chm.bris.ac.uk/webprojects2001/cressey/front.htm
hier ein Zitat vom Urvater der Plattenwäscher - Percy Wilson:
"As for cleaning smog and like
deposits off styli, pure ethyl alcohol applied with a miniature "stroking"
brush has been found effective and safe, certainly with all modern ways of
fixing styli to cantilevers." (Wilson)
In der Praxis wird schon seit Jahrzehnten mit Alkohol/Wasser-Mischungen gewaschen.
"There is also some debate over what mix of solvents to use in the Keith Monks cleaner and all I can say is that I have used the brew mentioned above for many years now and have not noticed any damage at all caused by the solution (cleaned many times)." Frank Van Alstine
In einem Artikel bei TNT-Audio: How-to: record cleaning devices and fluids werden zehn verschiedene "Rezepte" für Reinigungsflüssigkeiten aufgelistet - jeweils mit Wasser + (verschiedenem) Alkohol.
Interessant scheint auch, das keine der "Warnungen" vor Alkohol auf konkreten Beobachtungen einer Beschädigung oder auch nur Veränderung beruhen, sondern auf Gerüchten, die dann mit falsch interpretierten Verträglichkeits-Listen "bewiesen" werden. Evtl. ist das ebenfalls eines der unausrottbaren Gerücht, wie das vom Trennmittel oder der Abkühlung?
Die AAA wäscht auf Plattenbörsen m.w. ebenfalls mit Wasser/ISOpropanol-Gemisch: (http://www.aaanalog.de/termine/aforen/afordues/afduesmb.htm - das dritte Bild)
beim CJS Music Record Cleaning Service ist zu lesen:
"The Keith Monks machine is a tried and tested product and is used by broadcasting authorities and record libraries all over the world. Records are cleaned using a mixture of industrial alcohol and distilled water and the surface / grooves are scrubbed with a nylon brush. ..."
Mit "industrial alcohol" ist normalerweise ISOpropanol gemeint (z.B. auf Fensterputzflaschen).
Schellack war bei Schallplatten der frühen Ära ein Bestandsteil der Pressmischung.
Schellack ist alkohol-löslich! Deshalb - bei alten Platten (vor 1958) - oder wenn das Material nicht bekannt ist - nur mit wasserbasierenden Reinigungsflüssigkeiten waschen.
Die Schellack-Platte wurde durch die Einführung der Microrillenplatte aus PVC von 1952 bis 1958 vollständig verdrängt.
Wasserbasierenden Reinigungsflüssigkeiten werden deshalb in Musikbibliotheken und Archiven eingesetzt, die "grosse" Keith Monks hat deshalb zwei Flüssigkeitsbehälter/Pumpen/Bürsten.
Zitat:ISOpropanol muss nicht vergällt werden, da er sowieso nicht trinkbar ist. Hier ist die Reinheit nur eine Frage des technischen Aufwandes.
Vergällung
Bezeichnung für das Denaturieren des Alkohols, wodurch er für den menschlichen Genuß (als Trinkalkohol) unbrauchbar gemacht wird und somit die für unvergällten Alkohol geltende Steuer nicht entrichtet werden muß.
Die Wahl des Vergällungsmittels ist dabei vom Einsatzzweck des Alkohols abhängig. Nach Artikel 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 darf die homogene Mischung nicht mehr in wirtschaftlich sinnvoller Weise trennbar sein. Gebräuchlich ist MEK (Methylethylketon), ferner Petrolether, Cyclohexan, Toluol und (für Kosmetika und Lacke) auch Phthalsäurediethylester. Brennspiritus ist vollständig vergällt mit MEK und Bitrex (Denatonium Benzoat), der bislang bekannten bittersten Chemikalie.
http://www.alkohol-lexikon.de/fr_index.html?alex_v.html
Einige geteste Fensterputzmittel hinterlassen weissliche Rückstände - laut Flasche mit "Regenabweiser" und "Frischeduft" - aber evtl. ist das nur Kalk von nicht reinem Wasser:
Wenn etwas Regen abweisen soll, muss ja nach dem Trocknen ein Rückstand bleiben, der das bewirkt. Da ich bevorzuge, Schallplatten in trockenen Räumen zu hören, möchte ich solche Rückstände nicht auf meinen Platten. (evtl. lassen sie sich aber besser verkaufen, weil sie mehr glänzen ... )
Ein alkoholfreies Vinylputzmittel enthält z.B. eigenartige Flocken, die als Rückstände verbleiben.
(Haltbarkeit, Entmischung, Flocken, ...
u.a.m.
Fussnoten:
(1) ... scheinbar vorwiegend in den Foren, die den Herstellern oder dem Vertrieb der Alkohol-losen Reinigungsmittel nahe stehen ...
(2) ... siehe auch die Empfehlungen des "Canadian Conservation Institute" im Abschnitt "Cleaning" in "The Care and Handling of Recorded Sound Materials"